Ein Tag auf dem Lande
kommt man als Stadtkind auf das Land, so findet man dort allerhand. Was man im Leben nicht vergisst, weil es so schön gewesen ist. Da kannst Du schon am frühen Morgen die Hühner, Enten, Gäns versorgen, die allerorten hamstern gehen, an ihrem Kropf kannst du es seh`n. Vom nahen Stall klingt sehnsuchtsvoll, das Kuhgebrüll in Dur und Moll. Sie woll`n gemächlich käuend grasen auf einer Koppel grünem Rasen. Allwo sie bis zum Abend bleiben und sich viel Grünzeug einverleiben. Kommt dann die zweite Melke Zeit, steh`n sie fast alle schon bereit in ihrem Heck, das Euter schwer und geben fette Milch uns her.
Die Kunst des Melkens, dacht` ich mir, die kann ich auch, wenn ich`s probier. Bin hochbeglückt, als unversäumt, der Milchstrahl in den Eimer schäumt. Nun setzt bei heißem Sonnenschein, die läst`ge Fliegenplage ein. Die Kuh, sich ihre zu erwehren, hält ihren Schwanz sehr hoch in Ehren. Sie haut damit ganz unverfroren, dir links and rechts eins um die Ohren. Den Schwanz hat, der der Arbeit hemmt, die Stirn fest an den Bauch geklemmt. Doch Kopftuch, Sonne, Kuh sind heiß und ich gerate schnell in Schweiß. Das Tier so seiner Wehr beraubt, ist schlauer als ich es geglaubt.
Es hebt graziös das Hinterbein, schlägt flink auf Fliege und Eimer ein. Die Milch hat, eh‘ ich aufgeguckt, der trockne Boden schon verschluckt. Und meine Kuh läuft kreuz und quer, ich mit dem Eimer hinterher.
Das liebe Vieh lebt meist vom Fressen und ruh`n, das edle Pferd indessen, es läuft und trabt am allermeisten und muss die schwerste Arbeit leisten. Bald hilft`s im Hofe, bald im Feld, als Freund dem Bauer zugesellt. Ist dann im Dorf mal nichts zu haben, muss es mit ihm in`s Städtchen traben. Ein Hof hat nur den halben Wert, ohn`unser fleiss`ges, flinkes Pferd.
Das Tier, dem ich mich jetzt zuwende ist faul und längst nicht so behände. Das Schwein, es liegt in seinem Duft und muss doch auch mal an die Luft. Als Schweinehirtin zog ich aus und trieb die ganze Bande raus. Für die die höchste Wonne ist zu wälzen sich im größten Mist, zu baden in dem dicksten Brei, das nennt man zünftig Schweinerei. Im Stall verblieben nur die Frauen, die Mütter und die trächt`gen Sauen. Doch mit dem Eber Julius, da hatte beinah‘ ich Verdruss. Ich holte mir das Riesentier aus seinem eig`nem Stall herfür. Doch Liebeslaut vom Stall herdrangen, das trieb zurück ihn voll Verlangen. Ich nahm ein Stöckchen, rührte es fein, für ihn mocht`s wohl ein Kitzeln sein. Er wurde bös, hätt` mich zerfetzt, käme nicht der Nachbar angehetzt, nachdem er sich die Peitsche holte und ihm das Fell versohlte.
Wer einmal Lust und Liebe hat für`s Land, bekommt es auch nicht satt. Und wer die Tiere will versteh`n weiss liebevoll mit umzugeh`n.
Nun hat das Haus und auch der Garten, mit allerhand noch aufzuwarten. Kartoffeln schälen, Kuchen backen, Gemüse putzen, Kräuter hacken, beim Jäten und beim Beeren pflücken, sich nicht vor jedem bücken drücken. Die Wege säubern und die Ecken, den Rasen schneiden und die Hecken, so viel, so viel gibt es zu tun, die Hände dürfen niemals ruh’n. Doch ich mach Schluss. Das Lied ist aus, sonst wird ein ganzes Buch daraus.
Meiner lieben ……. in dankbarer Erinnerung und herzlicher Freundschaft.
Hildegard Ulbrich
Berlin, den 28. März 1946
Elisabeth Marowski